Job
Kann man den Sinn von Leid verstehen?
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Wie man persönliches Leiden völlig falsch verstehen kann und durch das Pochen auf sein Recht dazu kommt, Gott Willkür und Ungerechtigkeit vorzuwerfen.
Hiob und seine Söhne
Im Land Uz2 lebte ein Mann namens Hiob.3 Dieser Mann war aufrichtig und vollständig Gott ergeben. Er fürchtete Gott und mied das Böse.Ihm wurden sieben Söhne und drei Töchter geboren. Er besaß 7000 Schafe, 3000 Kamele, 500 Rindergespanne, 500 Eselinnen und sehr viele Sklaven. Er hatte das größte Ansehen von allen Männern im Nahen Osten.
Seine Söhne pflegten Gastmähler in ihren Häusern zu halten, wenn sie Geburtstag4 hatten. Dann luden sie auch ihre drei Schwestern ein, um mit ihnen zu essen und zu trinken. Immer, wenn die Tage des Gastmahls vorbei waren, ließ Hiob seine Kinder holen und heiligte sie. Dann stand er früh am Morgen auf und brachte Gott für jeden von ihnen ein Brandopfer. Er sagte sich nämlich: "Vielleicht haben meine Kinder gesündigt und sich in ihrem Herzen von Gott losgesagt.5" So machte es Hiob jedes Mal.
Gott und seine "Söhne"
Eines Tages kamen die Söhne Gottes,6 um sich vor Jahwe einzufinden. Unter ihnen war auch der Satan.7 Da sagte Jahwe zum Satan: "Wo kommst du her?" – "Ich habe die Erde durchstreift", erwiderte der Satan, "und bin auf ihr hin und her gezogen." Da sagte Jahwe zum Satan: "Hast du auf meinen Diener Hiob geachtet? Auf der Erde gibt es keinen zweiten wie ihn. Er ist mir aufrichtig und vollständig ergeben. Er fürchtet Gott und meidet das Böse." Der Satan erwiderte Jahwe: "Ist Hiob etwa umsonst so gottesfürchtig? 10 Du beschützt ihn doch von allen Seiten, sein Haus und alles, was er hat! Du lässt ja all sein Tun gelingen, und seine Herden breiten sich im Land aus. 11 Versuch es doch einmal und lass ihn alles verlieren, was er hat! Ob er dir dann nicht ins Gesicht hinein flucht?" 12 Da sagte Jahwe zum Satan: "Pass auf! Alles, was er hat, ist in deiner Hand. Nur ihn selbst taste nicht an!" Da entfernte sich der Satan aus der Gegenwart Jahwes.
Hiob und seine Söhne
13 Eines Tages saßen Hiobs Söhne und Töchter im Haus ihres erstgeborenen Bruders, um zu essen und Wein zu trinken. 14 Da kam ein Bote zu Hiob und berichtete ihm: "Wir pflügten gerade mit den Rindern und die Eselinnen weideten nebenan, 15 da fielen die Sabäer8 über uns her und raubten alle Tiere. Alle Knechte haben sie erschlagen. Nur ich bin entkommen, ich allein, um es dir zu berichten."
16 Während dieser noch redete, kam ein anderer und berichtete: "Ein Feuer Gottes ist vom Himmel gefallen. Es hat das Kleinvieh und die Knechte verbrannt und völlig aufgezehrt. Nur ich bin entkommen, ich allein, um es dir zu berichten."
17 Während dieser noch redete, kam ein anderer und berichtete: "Drei Horden der Chaldäer9 haben unsere Kamelherden überfallen und weggetrieben. Alle Knechte haben sie erschlagen. Nur ich bin entkommen, ich allein, um es dir zu berichten."
18 Während dieser noch redete, kam ein anderer und berichtete: "Deine Söhne und Töchter aßen und tranken Wein im Haus ihres erstgeborenen Bruders. 19 Da kam ein Sturm von jenseits der Wüste her und packte das Haus an allen vier Ecken. Es stürzte über den jungen Leuten zusammen und hat sie alle erschlagen. Nur ich bin entkommen, ich allein, um es dir zu berichten."
20 Da stand Hiob auf, riss sein Obergewand ein10 und schor sich den Kopf. Dann ließ er sich zur Erde sinken und beugte sich nieder.
21 "Nackt bin ich aus dem Leib meiner Mutter gekommen, / nackt gehe ich wieder dahin. / Jahwe hat gegeben und hat es wieder genommen. / Gelobt sei der Name Jahwes."
22 Bei alldem sündigte Hiob nicht und schrieb Gott nichts Ungebührliches zu.
1#Hiob lebte wahrscheinlich zur Zeit der Patriarchen Isaak und Jakob in einem Gebiet, das später vom Stamm Manasse bewohnt wurde (das Land Uz). Das legen verschiedene Beobachtungen im Buch selbst nahe. Seine Existenz wird in der Bibel außerdem von Hesekiel 14,14.20 und Jakobus 5,11 bestätigt. Aufgeschrieben wurde seine Geschichte von einem ungenannten Verfasser. Vermutet werden Mose oder Salomo. Sein Thema: "Warum lässt Gott es zu, dass Fromme leiden?" Wenn man Hiobs Ende bedenkt vermittelt das Buch darüber hinaus auch "Hoffnung im Leiden". Die drei Freunde Hiobs, die ihn in seinem Leid besuchten, sagten viel Richtiges. Doch ihre Vermutungen über die Ursache des Leidens trafen im Fall Hiobs nicht zu.

Das Buch Hiob ist ein unvergleichliches literarisches Kunstwerk. Es fällt auch durch seinen Aufbau auf: Anfang und Ende des Buches sind beschreibende Prosa, Hiobs Geschichte: Sein Feind ist der Satan, sein Erlöser ist Gott. Die drei Mittelteile sind in poetischer Sprache verfasst und enthalten Reden: Hiobs Ankläger sind seine drei Freunde; Hiobs Mittler ist Elihu, der vierte Freund; Hiobs Schöpfer ist Gott.

Seine erste Prüfung, bei der ihm alles genommen wird, besteht Hiob ausgezeichnet, aber in der zweiten, als er selbst angetastet wird, versagt er, denn er verlangt von Gott, dass seine Rechtschaffenheit belohnt wird. Diese auf Werken beruhende Gerechtigkeit kann Gott nicht akzeptieren. Darum stellt er am Ende des Buches sich selbst ihm vor, wodurch Hiob gedemütigt und gerettet wird.
2#Der Name des Landes stammt wahrscheinlich von einem der ersten Bewohner, vielleicht einem Enkel Sems (1. Mose 10,23) oder einem Sohn Nahors (1. Mose 22,21).3#Hiob. Der Name war im 2. Jahrtausend v.Chr. im vorderen Orient bekannt. Verschiedene kanaanäische Edelleute hießen so. Er bedeutet wörtlich: "Wo ist der Vater?"4#Wörtlich: jeder an seinem Tag.5#Wörtlich: Gott gesegnet. Das ist ein verhüllender Ausdruck und meint wie Hiob 2,5.9 das Gegenteil.6#Söhne Gottes sind Geistwesen, die erschaffen wurden, bevor das materielle Universum existierte (Hiob 38,7), also Engel.7#Hebräisch: der Widersacher. Er hat die gleiche Natur wie die Engel, aber sein Charakter ist völlig anders geworden.8#Die Sabäer kamen vielleicht aus dem Gebiet um Saba bei Dedan im nördlichen Teil Arabiens.9#Hier sind wohl die nomadischen Vorfahren der späteren Eroberer Babylons gemeint, die dann den Kern von Nebukadnezzars Imperium bildeten.10#Als Zeichen von Trauer und Entsetzen riss man vom Halsausschnitt an das Gewand mit einem heftigen Ruck etwa eine Handlänge ein.