Das menschliche Leben ist kurz und dabei voller Mühsal; warum läßt Gott es nicht in Ruhe verlaufen?
14
1 »Der Mensch, vom Weibe geboren, ist arm an Lebenszeit, aber überreich an Unruhe:
2 wie eine Blume sprießt er auf und verwelkt, er flieht wie ein Schatten dahin und hat keinen Bestand.
3 Dennoch hältst du über einem solchen (Wesen) deine Augen offen und ziehst ihn vor deinen Richterstuhl!
4 Wie könnte wohl ein Reiner von Unreinen herkommen? nein, nicht ein einziger.
5 Wenn denn seine Tage genau bemessen sind, wenn die Zahl seiner Monde bei dir feststeht und du ihm eine Grenze gesetzt hast, die er nicht überschreiten darf,
6 so wende doch deine Blicke von ihm weg, damit er Ruhe habe, bis er wie ein Tagelöhner mit Befriedigung auf seinen Tag hinblicken kann!«
Für den Menschen gibt es nach dem Tode keine Hoffnung, keine Zukunft mehr
7 »Denn für einen Baum bleibt eine Hoffnung bestehen: wird er abgehauen, so schlägt er von neuem aus, und seine Schößlinge hören nicht auf.
8 Wenn auch seine Wurzel in der Erde altert und sein Stumpf im Boden abstirbt,
9 so treibt er doch vom Duft (=Dunst) des Wassers neue Sprossen und bringt Zweige hervor wie ein junges Reis.
10 Wenn aber ein Mann stirbt, so liegt er hingestreckt da, und wenn ein Mensch verscheidet, wo ist er dann?
11 Wie das Wasser aus einem Teich verdunstet und ein Strom versiegt und austrocknet,
12 so legt der Mensch sich nieder und steht nicht wieder auf: bis der Himmel nicht mehr ist, erwachen sie nicht wieder und werden aus ihrem Schlaf nicht aufgerüttelt.«
Hiob kann wegen des Zustandes der Verstorbenen im Totenreich keine Hoffnung auf Auferstehung, auf Rechtfertigung und Glück haben, denn mit dem Tode ist alles Erfreuliche zu Ende
13 »O wenn du mich doch im Totenreiche verwahrtest, mich dort verbergen wolltest, bis dein Zorn sich gelegt hätte, mir eine Frist bestimmtest und dann meiner gedächtest!
14 Doch wenn der Mensch gestorben ist – kann er wohl wieder aufleben? Dann wollte ich alle Tage meines Frondienstes (oder: Leidenskampfes) harren, bis die Ablösung für mich käme:
15 dann würdest du rufen und ich gäbe dir Antwort; nach dem Werk deiner Hände würdest du Verlangen tragen;
16 ja, dann würdest du meine Schritte sorglich zählen, über einen Fehltritt von mir kein strenger Wächter sein;
17 nein, versiegelt würde meine Übertretung in einem Bündel (oder: im Beutel) liegen, und meine Schuld hättest du verklebt (=würdest du unbeachtet lassen) .
18 Doch nein – Berge stürzen in sich zusammen, und Felsen werden von ihrer Stelle weggerückt,
19 Steine höhlt das Wasser aus, und seine Güsse schwemmen das Erdreich weg: so machst du auch die Hoffnung des Menschen zunichte.
20 Du überwältigst ihn auf ewig, und er muß davon; sein Antlitz entstellend, läßt du ihn dahinfahren.
21 Gelangen seine Kinder zu Ehren – er weiß nichts davon; und sinken sie in Schande hinab – er achtet nicht auf sie.
22 Nur seines eigenen Leibes Schmerzen fühlt er, und nur um sich selbst empfindet seine Seele Trauer.«