III. Zweiter Gesprächsgang (Kap. 15-21)
15
1 Da nahm Eliphas von Theman das Wort und sagte:
2 »Wird wohl ein Weiser windiges Wissen als Antwort vortragen und seine Lunge mit (bloßem) Ostwind blähen,
3 um sich mit Reden zu verantworten, die nichts taugen, und mit Worten, durch die er nichts nützt?
4 Dazu vernichtest du die fromme Scheu und tust der Andachtsstille Abbruch, die Gott gebührt;
5 denn dein Schuldbewußtsein macht deinen Mund beredt, und du wählst die Sprache der Verschmitzten.
6 Dein eigener Mund verurteilt dich, nicht ich, und deine eigenen Lippen zeugen gegen dich.
7 Bist du etwa als erster der Menschen geboren und noch vor den Bergen auf die Welt gekommen?
8 Hast du im Rate (=in der Ratssitzung) Gottes als Zuhörer gelauscht und dort die Weisheit an dich gerissen?
9 Was weißt du denn, das wir nicht auch wüßten? was verstehst du, das uns nicht auch bekannt wäre?
10 Auch unter uns sind Ergraute, sind Weißköpfe, reicher noch als dein Vater an Lebenstagen.
11 Sind dir die Tröstungen Gottes minderwertig, und gilt ein Wort der Sanftmut nichts bei dir?
12 Was reißt deine Leidenschaft dich fort, und was rollen (oder: zwinkern) deine Augen,
13 daß du gegen Gott deine Wut richtest und (solche) Reden deinem Munde entfahren läßt?
14 Was ist der Mensch, daß er rein sein könnte, und der vom Weibe Geborene, daß er als gerecht dastände?
15 Bedenke doch: selbst seinen heiligen (Engeln) traut er nicht, und nicht einmal der Himmel ist rein in seinen Augen:
16 geschweige denn der Abscheuliche und Entartete, der Mensch, dem Unrechttun wie Wassertrinken ist!«
17 »Ich will dich unterweisen: höre mir zu; und was ich gesehen habe, will ich berichten,
18 was die Weisen von ihren Vätern überkommen und ohne Hehl verkündigt haben –
19 ihnen war noch allein das Land übergeben, und noch kein Fremder war unter ihnen umhergezogen –:
20 ›Sein ganzes Leben lang muß der Frevler sich ängstigen, und zwar alle die Jahre hindurch, die dem Gewalttätigen beschieden sind.
21 Schreckensrufe dringen ihm laut ins Ohr; mitten im ruhigen Glück überfällt ihn der Verderber;
22 er hegt keine Zuversicht, aus der Finsternis wieder herauszukommen, und ist (in seiner Angst) für das Schwert ausersehen.
23 Er irrt nach Brot umher – wo findet er’s? Er weiß, daß durch ihn (d.h. Gott) der Tag des Verderbens festgesetzt ist.
24 Angst und Bangigkeit schrecken ihn: sie überwältigen ihn wie ein König, der zum Sturm gerüstet ist.
25 Weil er seine Hand gegen Gott erhoben und dem Allmächtigen Trotz geboten hat –
26 er stürmte gegen ihn an mit emporgerecktem Halse, mit den dichten Buckeln seiner Schilde –
27 weil er sein Gesicht von Fett hatte strotzen lassen und Schmer an seinen Lenden angesetzt
28 und sich in gebannten Städten angesiedelt hatte, in Häusern, die unbewohnt bleiben sollten, die zu Trümmerhaufen bestimmt waren:
29 so bringt er’s nicht zu Reichtum, und sein Wohlstand hat keinen Bestand, und seine Sichel (oder: Ähre = sein Besitz) neigt sich nicht zur Erde.
30 Er kommt nicht aus der Finsternis heraus; seine Schößlinge versengt die Gluthitze, und er selbst vergeht durch den Zornhauch des Mundes Gottes.
31 Er verlasse sich nicht auf Trug: er täuscht sich nur; denn Trug wird auch das sein, was er durch seinen eigenen (Trug) erzielt:
32 ehe noch seine Zeit da ist, erfüllt sich sein Geschick, während sein Wipfel noch nicht gegrünt hat.
33 Wie der Weinstock stößt er seine Beeren unreif ab und läßt wie der Ölbaum seine Blüten abfallen.
34 Denn die Rotte des Frevlers bleibt ohne Frucht, und Feuer verzehrt die Zelte der Bestechung (=der Bestechlichen) .
35 Mit Unheil gehen sie schwanger und gebären Frevel, und ihr Inneres (oder: Schoß) bringt nur Selbsttäuschung zutage.‹«